Die eiskalte Hölle /A Hell Of Ice

Die folgende Kurzgeschichte ist furchtbar deprimierend. Ich kam auf die Idee, als ich einen Traum hatte, in dem beinahe genau das drin vorkam, abgesehen davon, dass in meinem Traum noch Radioaktivität eine Rolle spielte und der Traum natürlich nicht so ausformuliert war. Wenn ihr gerade in bester Stimmung seid, dann lest den Text bitte nicht, sonst verderbt ihr euch die Laune. Es ist eigentlich nur ein Beschreibung eines Ortes aus einem Traum, (Und ich bitte auch alle Psychologen, den Drang, diesen Traum zu deuten bitte zu unterdrücken) deshalb hat der Text kein richtiges Ende und auch keine Handlung.

„Und dann kam der Winter, und alles war weiß, wir waren gefangen, wie Insekten im Eis“ Insekten im Eis -Jennifer Rostock

„And then the winter came and everything was white, we were caught, like insects in Ice“

Ich berühre die Wände, die so kalt sind wie Eis. Sie sehen aus wie Metall und glänzen, aber jedesmal wenn ich sie sehe, frage ich mich, woher das Licht kommt. Woher kommt das Licht, der Glanz, die Spiegelungen, die mir vorgaukeln irgendwo um die Ecke gäbe es eine Lichtquelle, die es natürlich nicht gibt? Leuchten die Kristalle aus Eisen, diese harten, eckigen von innen? Sie sind zu kalt, als dass ich mir das vorstellen könnte. In dem seltsamen Licht sehe ich meine weißen Finger, die immer blasser werden, seit ich hier bin. Ich würde gerne mein Gesicht sehen, mein selbst und meine Augen, aber die Eisenwände spiegeln nur winzige, matte Lichtpünktchen und keine Gesichter und so sehe ich nur einen blassen Schatten an der Wand, und ich weiß, das bin ich, denn ich bin nur noch ein Schatten meiner selbst. Quader, Würfel, Kristalle und Prismen aller Formen, als befände ich mich im Inneren eines Kristalls und könnte die einzelnen Strukturen sehen, nur dass es hier so kalt ist und mein Herz auch und ich langsam an allem das Interesse verliere.

I touch the walls, that are as cold as Ice. They look like metal and shine, but every time I look at them I wonder, where the light actually comes from. Where does the light come from, the shining, the reflections, that fool that there’s a source of light just around the corner that isn’t there? Do the crystals of iron, these hard, angled ones glow from their inside? The are to cold to imagine that. In the strange light I watch my white fingers, that are getting more and more pale since I am here. I would like to see my face, myself and my eyes, but the iron walls only reflect tiny, dim spots of light and no faces and so I only see a pale shadow on the wall, and I know, that is me, because I am only a shadow of my former self. Cuboids, cubes, crystals and prisms of all kinds of shapes, as if I was inside a crystal and could see the single structures, only that it is so cold here and my heart and slowly myself is losing interest of everything

Der Mann der vor mir steht hat eine noch blassere Haut als ich. Seine Haut ist runzlig und vertrocknet und sicherlich ist ihm genau wie mir so kalt, dass er die Kälte gerade so spürt, aber immer noch schmerzvoll genug. Die größte Kälte, die man hier bekommen kann, ist die Innere. Die Haare des Mannes sind fast alle ausgefallen, was noch übrig war, hat er ausgerissen. Er wollte lieber würdevoll aussehen, als an seinen letzten Haaren festzuhalten. Wobei Würde an diesem Ort hier ein leeres Wort ist. Würde vor wem? frage ich mich, aber es spielt letztendlich keine Rolle. Hier an diesem Ort ist man zu ewiger Qual verurteilt. Hier an diesem Ort tut alles weh, bis man taub vor Schmerzen ist. Das Aussehen des Mannes erinnert mich an eine Geschichte, oder war es auch ein Bild? An Trauer und Einsamkeit.

The man in front of me has even paler skin than me. His skin is wrinkled and dried out and surely he feels cold, just as me, so that he feels the cold just a bit, but still painful enough. The greatest cold you can get here, is the cold on the inside. The hair of the man has for the most part fallen out, and he has pulled out the remains. He would rather look dignified than hold to his last hair. Whereas dignity is an inane word in this place. Dignity for whom? I wonder, but at last this doesn’t matter. Here in this place you are condemned of eternal pain. Here in this place everything hurts, until you are numb of pain. The look of the man reminds me of a story, or was it even a picture? It reminds of grief and loneliness.

Es war damals nur eine Geschichte, eine von vielen, über die ich lachen konnte und weinen, aber die nie ernstgemeint waren. Und nun sehe ich ihn, den namenlosen Mann vor mir. Ich weiß nicht mehr den Namen der Geschichte, ich habe viele Namen vergessen, auch meinen eigenen. Der Mann weiß seinen auch nicht. Er sieht hässlich aus. Ich weiß vieles nicht mehr, aber ich weiß, dass ich ihn in einer fernen Zeit gemieden hätte, einfach weil er so aussah, wie er aussieht.
Jetzt weiß ich nicht, was die Antwort auf die Frage ist
Ich weiß nicht, ob wir uns vorher gekannt haben, es kann sein, oder auch nicht. Die Frage nach der Vergangenheit ist hier nicht zu beantworten. Eigentlich könnten wir uns auch hinsetzen und warten, in der Hoffnung, dass unser Gehirn irgendwann aufhört zu denken und wir endlich ins Vergessen entschlüpfen können, das uns verwehrt bleibt, weil wir hier nicht einschlafen können. Aber wir wissen, wir werden nicht vergessen können sondern nur anfangen zu denken und das Denken ist in dieser Welt eine gefährliche Beschäftigung.

Then it was only a story, one of many I could laugh about, and cry, but that were never meant seriously. And now I see him, the nameless man in front of me. I don’t know the name of the story, I forgot many names, even my own. The man doesn’t know his either. He looks ugly.
Now I don’t know, what the answer to the question is, that comes up, when I look at the man. I know, that I will probably look one day just the same he looks like.
I don’t know, whether we knew each other, maybe, or maybe not. The question of past has no answer here. Actually we could also sit down, and wait, hoping that our brain will sometime stop thinking and we’ll finally escape to oblivion, that refuses us, because we can’t fall asleep here. But we know, that we won’t be able to forget, but only start thinking and thinking is a dangerous activity in this world.

Also ziehen wir ständig weiter, ewig, ohne dass ich weiß, wo unser Ziel liegt. Es gibt kein Ziel. Wir laufen, um etwas zu tun zu haben. Hin und wieder sehen wir einen Verwundeten auf unserem Weg durch die engen eckigen Gänge aus Eisen liegen. Einer leidet und krümmt sich vor Schmerzen, aber wir gehen weiter. Wir können nichts tun. In einer anderen Welt wäre er längst gestorben, weil er bereits tödlich verwundet ist. Hier jedoch gibt es weder Tod, der ihn erlösen könnte, noch Medizin die ihn heilen könnte. Ich musste mein Herz vereisen lassen, denn es wäre sinnlos, ihm helfen zu wollen. Ich kann ihm nicht helfen, also zwinge ich, einen Fuß vor den anderen zu setzen, und nicht an ihn zu denken. Kurz berührt mich der Gedanke, dass dies die Hölle ist, wie so oft, aber ich scheuche ihn fort, genau wie alle anderen. Denken ist Gift. Trostloses Gift, das mich dazu verleiten könnte, in meiner Ausweglosigkeit den dummen Versuch zu begehen, mich selbst ermorden zu wollen, nur um zu enden wie die Verwundeten, denen keiner helfen kann, nicht einmal mit einem erlösenden Todesstoß. Wir wandern durch hohe, kalte Hallen, durch schmale Gänge, über Gebirge aus kaltem Eisen. Es könnte schön sein, wenn man irgendwohin zurückgehen könnte, an einen sicheren Ort, von dem aus man sich erinnern könnte, denn das Eisen bildet zuweilen auch wunderschöne Formen, kristalline Strukturen und Schneeflocken aber ich bemerke sie meistens gar nicht mehr. Es gibt für mich keine Heimat mehr, nur das unendliche, diffus leuchtende Grau.

So we push along, infinitely, without knowing, where our destination is. There is no destination. We walk, to have something to do. Once in a while we see a wounded on our way through the narrow, angled hallways of iron. One of them is suffering and convulsed with pain, yet we go along. We cannot do anything. In another world he would have already died, because he is already mortally wounded. Here, there’s no death that could release him and no medicine that could heal him. I have to freeze my heart, because it would be in vain if I wanted to help him. Briefly the thought that this is hell comes to my mind, like it did so many times before, but I chase it away, just like every other. Thinking is poison. Bleak poison, that could mislead me trying to murder myself, just to end like the wounded, that nobody can help, not even with a releasing death blow. We walk through high, cold halls, through narrow hallways, over mountains of cold iron. It could be beautiful, if you could return anywhere, to a safe place, from which you could remember, since the iron forms beautiful shapes, crystalline structures and snowflakes, but I do not recognize them anymore. There is no home anymore, only the endless, diffuse glowing, grey.

Das Eisen hier ist anders als das Eisen, das ich vorher, in diesem undefinierbaren Vorher, das ich fast vergessen habe, gekannt habe. Es ist eiskalt und rostet nicht. Es verformt sich von allein, jedoch kann kein Mensch es verformen. Hier an diesem Ort ist alles dem Eisen unterworfen. Es gibt hier nirgends die Hitze, die es bräuchte, um Eisen zu schmieden, aber es verformt sich selber. Vor allem in den schmalen Gängen kann man nie lange bleiben, denn oft schieben sich die Wände zusammen, bis die Menschen die dann noch darin sind, eingeschlossen werden, wie Insekten in Bernstein. Das Eisen umschließt oft den ganzen Körper. Aber selbst dann sind die Menschen immer noch nicht tot. Wie oft sah ich Verwundete aus dem Eisen auftauchen, die ewig im Eisen eingeschlossen waren, nur um nach einer Ewigkeit wieder freigegeben zu werden?
Nicht einmal das Eisen tötet uns, nein. Es schließt die Menschen ein, damit sie sich quälen, nur um sie wieder zu neuem Leiden zu befreien. Hier ist die Unsterblichkeit, die Hölle.

 

The iron in this place is different than the iron I knew before, in this elusive before that I’ve almost forgotten. It’s cold as ice and doesn’t corrode. It deforms on its own, but no human is able to do so. In this place everything is subordinated to the iron. There is no heat anywhere that would be necessary to forge iron, but the iron deforms itself. You cannot stay long in a place, especially in the narrow hallways, because often the walls merge, until the people in them are encased, just like insects in amber. The iron often encases the whole body. But even then the people are not dead. How often did I see wounded emerge from the iron who where encased in the iron forever just to emerge after forever?
Not even the iron kills us, no. It encases the people, so they struggle, just too free them for new pain. This is immortality, this is hell.

Ich habe ein paar blasse Erinnerungen an die Vergangenheit. Es ist viel vom alleinsein, vergessen werden und von heimlich vergossenen Tränen, davon, dass sich mein Herz anfühlte, als wäre es in Eis eingeschlossen. Aber dennoch war es eine wärmere Zeit. Es gab warmes Licht und weiche Dinge und Gefühle, die anders waren als das eine, beklemmende, das mich hier an diesem Ort vefolgt.
Der Mann bleibt vor mir stehen und dreht sich zu mir um, um mir in die Augen zu blicken. Das tut er oft, ich tue es auch und ich weiß, dass es nur ist, weil wir beide es brauchen.
Da ist jemand da, und auch wenn es kaum auszuhalten ist, wirst zu durchhalten.
Natürlich glaube ich nicht an ein Ende. Aber wir versuchen, wenigstens zu hoffen, auch wenn es nicht funktioniert.

I have got some faded memories of the past. It is much about loneliness, being forgotten and of secretly shed tears, about my heart feeling like it is icebounded. But still it was a warmer time. There was warm light and there were soft things and sensations different than the one, oppressive feeling that follows me throughout this place.
The man stops and turns around to cast a look into my eyes. He does that often, I do it as well, and I know, it’s only because we both need it.
There is somebody and even if it’s impossible to stand, you will stand it.
Of course I don’t believe in an ending. But at least we try to hope, even though it doesn’t work.

4 Antworten auf „Die eiskalte Hölle /A Hell Of Ice

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  1. Ich find den Text toll 🙂 Ich stell mir das so richtig vor, 2 Tote, ein Mädchen und noch jemand, die durch die Hölle wandern … was machen die dort? Wie sind die hingekommen? Was ist ihre Mission? Und warum machen sie das zusammen? Solltest du unbedingt eine KG draus machen :))

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  2. Hallo, ich kommentiere hier mal wild herum, ohne Struktur.Es ist seltsam diese Geschichte zu lesen und dabei im Hintergrund Ellie Gouldings On my mind zu hören..Wow, was für eine vielschichtige Geschichte, entstanden aus einem Traum, wie wirklich toll!So viele schöne Sätze stehen da und ich finde, diesem Ort kann man selbst viele Bedeutungen geben oder einfach einem einzigen Gefühl zuordnen. Ich finde die nicht deprimierend, macht mich eher nachdenklich. Einfach super geschrieben.Silver^^

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    1. Gott, ich hätte diese Geschichte fast vergessen. Ich hatte ja lange sogar noch vor, eine Fortsetzung dafür zu schreiben und die Geschichte mir ihr dann auch zu beenden. Dazu müsste ich allerdings wieder in diese Geschichte reinkommen, die ist nicht ganz ohne :DDanke 🙂 wäre nicht das erste Mal, dass ich Ideen aus Träumen habe. Momentan eher nicht, weil ich nicht genug Schlaf finde und mich täglich von meinem Wecker aus dem Traum klingeln lasse und das Klingeln ausreicht um Träume aus meinem Kurzzeitgedächtnis rauszuschmeißen… aber ja 😀 danke :-)Naja, damals war ich selber noch ziemlich leicht durch einen Text aus der Bahn zu bringen. Manchmal hat ein ungenutztes Wochenende gereicht, um mich total zu deprimieren, deswegen wollte ich ihn Anderen auch nicht ungewarnt antun 🙂

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